Einsamkeit ist das Gefühl des Alleinseins, Verlassenseins. Ein Fehlen von Verbundenheit, Bezogenheit. Es ist ein Gefühl, das davon unabhängig ist, ob man tatsächlich alleine ist, auch wenn es häufig damit zusammenhängt.
Jakob Simmank spricht – zwar nicht explizit, aber doch – von einer „guten Einsamkeit“.1 Jakob SIMMANK (2020): Einsamkeit. Warum wir aus einem Gefühl keine Krankheit machen sollten. Zürich: Atrium Verlag. 1. Aufl. 2020.
→ Buchtipp: Jakob SIMMANK: Einsamkeit Es gibt also auch eine positive Form der Einsamkeit, die wir dann eher als „gewolltes Alleinsein“ bezeichnen, da dem Begriff der Einsamkeit etwas Negatives anhaftet. Eine gute Einsamkeit! Darin steckt sehr viel: Alleinsein ist eine wichtige Kehrseite von Gesellschaft, Alleinsein kann produktiv und beruhigend sein, Einsamkeit ist kein Zustand, an dem man nichts ändern kann, sondern ein Gefühl, mit dem man umzugehen lernt.
In der Wissenschaft ist man sich zwar noch etwas uneins, aber es wird zumindest unterschieden zwischen emotionaler (empfundener) Einsamkeit und sozialer Einsamkeit (Isolation). Die gefühlte Einsamkeit hängt nicht immer mit der tatsächlichen sozialen Isolation zusammen. Es gibt zwar viele Situationen, in denen Menschen sich auch in Gesellschaft, auch in Beziehungen und mit einem großen Netzwerk einsam fühlen, es kommt aber trotzdem noch häufiger vor, dass Menschen, die alleine leben und ein eher kleineres Netzwerk haben, von diesem Gefühl geplagt werden – selbst wenn sie gar nichts an ihrer sozialen Situation ändern möchten.2DÖRING, Nicola/BORTZ, Jürgen (1993): Psychometrische Einsamkeitsforschung. Deutsche Neukonstruktion der UCLA Loneliness Scale. Diagnostica, 1993, 39, Heft 3, S. 224–239. Die soziale Situation – auf dem Tau zwischen Isolation und Eingebundenheit – und das Gefühl der Einsamkeit hängen also zwar zusammen, sind aber nicht gleichzusetzen.
Interessant ist, dass auch das einfache „physische Alleinsein“, sprich, wenn ein Mensch oft und über längere Zeit alleine ist, bereits zu Einsamkeit führen kann – ganz gleich, wie stark, groß oder nah sein Netzwerk tatsächlich ist.3 DÖRING, Nicola/BORTZ, Jürgen (1993): Psychometrische Einsamkeitsforschung. Deutsche Neukonstruktion der UCLA Loneliness Scale. Diagnostica, 1993, 39, Heft 3, S. 224–239. Das ist sicher auch eine Erfahrung, die manche Menschen unfreiwillig in der Pandemie machen mussten.
Einsamkeit ist ein ganz normales Gefühl, es stimmt alles mit dir, wenn du dich einsam fühlst! Ab und zu fühlen wir uns alle einsam, verlassen, unverstanden, ungeliebt, disconnected. Manchmal gibt es bestimmte Auslöser für dieses Gefühl, manchmal schleicht es sich eher ein. Genauso schnell kann es auch wieder verschwinden oder langsam verebben. Jedenfalls solltest du versuchen, etwas dagegen zu tun, wenn du dich über lange Strecken oder immer wieder sehr einsam fühlst oder dir die Intensität des Gefühls unangenehm ist.
Das Wort „Einsamkeit“
Einsam bedeutet ohne Gesellschaft, allein und verlassen, aber auch menschenleer, von Menschen weit entfernt.4 DWDS: einsam. Genauso bedeutet Einsamkeit entweder Einsamsein oder eine einsame Gegend. Das Wort wird – zumindest in Zeitungen – seit 1946 stetig häufiger verwendet, mit einem starken Anstieg ab 1990.5 DWDS: Wort-Verlaufskurve der Häufigkeit von „Einsamkeit“ in Zeitungen seit 1946, ähnlich „einsam“. Davon sofort auf einen Anstieg der Einsamkeit zu schließen, wäre verfrüht – es wurde einfach häufiger darüber geschrieben.
Englisch ist da übrigens etwas genauer: Man unterscheidet zwischen lonely und alone (etwa: einsam und alleine), zwischen solitude als selbst gewähltem Alleinsein (positiv), loneliness als Einsamkeit und lonesomeness als (negatives) Gefühl, das aus dieser Einsamkeit entsteht.
Wie sich Einsamkeit anfühlt
Einsamkeit versteckt sich manchmal ein bisschen. Möglicherweise passen diese Sätze auf dich:
- Ich bin oft alleine.
- Ich fühle mich allein.
- Ich fühle mich verlassen.
- Niemand versteht mich.
- Ich habe keine echten Freunde.
- Ich bin oft alleine und mag das nicht.
- Mir fehlt Gesellschaft.
- Mir fehlt Trubel.
- Ich fühle mich oft unwohl unter Menschen.
- Andere Menschen haben mehr Freunde als ich.
- Auch in der Arbeit habe ich keine guten Kontakte.
- Wenn es mir nicht gut geht, weiß ich nicht, wen ich anrufen oder mit wem ich reden kann.
- Ich mache Dinge oft alleine, weil ich niemanden kenne, die/den dasselbe interessiert.
- Ich fühle mich isoliert.
- Ich führe oft nur oberflächliche Gespräche.
- Man sagt, man kommt nur schwer an mich heran.
Treffen ein paar dieser Punkte auf dich zu? Dann überlegst du vielleicht, was du gegen Einsamkeit tun kannst oder wie du zu guter Einsamkeit finden kannst. Du kannst auch einen Online-Test zur Einsamkeit machen. Wenn du Hilfe brauchst, hol sie dir!
Literatur
- 1Jakob SIMMANK (2020): Einsamkeit. Warum wir aus einem Gefühl keine Krankheit machen sollten. Zürich: Atrium Verlag. 1. Aufl. 2020.
→ Buchtipp: Jakob SIMMANK: Einsamkeit - 2DÖRING, Nicola/BORTZ, Jürgen (1993): Psychometrische Einsamkeitsforschung. Deutsche Neukonstruktion der UCLA Loneliness Scale. Diagnostica, 1993, 39, Heft 3, S. 224–239.
- 3DÖRING, Nicola/BORTZ, Jürgen (1993): Psychometrische Einsamkeitsforschung. Deutsche Neukonstruktion der UCLA Loneliness Scale. Diagnostica, 1993, 39, Heft 3, S. 224–239.
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